Wie gegen Daniele Ganser in Basel protestiert wurde – Fakten gegen Kriegspropaganda

Am 28. April 2023 hielt der umstrittene Historiker Daniele Ganser einen Vortrag im Stadtcasino Basel über den Ukraine-Krieg. Dort verbreitete er die gleichen Behauptungen wie die russische Kriegspropaganda. Studierende des Departements Geschichte der Universität Basel zeigten sich solidarisch mit der Ukraine. Bei strömenden Regen suchten sie das Gespräch mit den Besucher:innen der Veranstaltung und versuchten, mit einer privat initiierten und von der «Fachgruppe Geschichte» mitgetragenen Flyer-Aktion auf die plumpen bis kruden Thesen von Daniele Ganser aufmerksam zu machen. Von Bruno Hunn

Wie wird Erfolg gemessen? Sind es die nackten Zahlen, Gewinn, Verlust, Zuschaueranzahl, etc., die entscheiden, ob ein Vorhaben erfolgreich war? Mit diesen Massstäben gemessen kann gefahrlos die Aussage gemacht werden, dass Daniele Gansers Auftritte in Basel für ihn ein Success waren. Ökonomisch waren seine beiden Vorträge ertragsreich. Während der Flyer-Aktion der Fachgruppe Geschichte hatte ich die Gelegenheit, mit vielen «Ganserianern» ins Gespräch zu kommen.

Dabei fiel als erstes auf, dass sein Publikum grossmehrheitlich weiss und Ü50 war. Diese Gruppe war es denn auch, die sich als Gansers härteste Groupies entpuppten: Flyer wurden mit barschen Bewegungen abgelehnt, sich den Weg durch die Demonstrierenden und Wartenden mit preussischer Entschlossenheit zum Eingang gebahnt, dass selbst Friedrich der Grosse eine Freude gehabt hätte, teilweise beleidigende Worte im Vorbeistechen fallengelassen. 

Die jüngeren Teilnehmenden hingegen fanden sich offen für eine Diskussion über Daniele Gansers Thesen sowie den Gegenargumenten der Wissenschaft und gaben persönliche Einschätzungen zum «Osteuropaexperten» ab. In diesen Gesprächen zeigte sich denn auch stark, welches Gansers wichtigste Waffen sind, um seine Zuschauer zu halten und neue hinzuzugewinnen: Seine Performance auf der Bühne, seine False Balance Attempt – also das man eine These als gleichwertig erachtet, die wissenschaftlich nicht haltbar ist – sowie die in falschem Kontext wiedergegebenen wahren Fakten.

Oft hörte ich die Aussage: «Man kann das alles überprüfen und die Fakten stimmen.» Beliebt war auch: «Ich finde es schade, dass er von der Uni nicht zur Diskussion eingeladen wurde. Immerhin hat sie ihm den Doktortitel verliehen.» Anerkannt wurde, dass Daniele Ganser «Geschichte fürs Volk» schreibt, also populärwissenschaftlich unterwegs ist und in seinen Publikationen nicht mehr den Standards Recherche basierenden Arbeitens genügt. Hier wurde unser Flyer, von denen wir etwa 100 verteilt haben, mit Interesse aufgenommen. Das Argument der Fachgruppe Geschichte, dass eine Diskussion mit Ganser im Rahmen der Universität aus diesem Grund ausgeschlossen ist und eine False Balance unbedingt zu vermeiden sei, wurde wenig enthusiastisch, aber dennoch wohlwollend aufgenommen.

Auch mein Hinweis auf Gansers Inkompetenz im Bereich Osteuropageschichte und sein Versuch, dies mit seinem Doktortitel zu kaschieren, stiess auf wenig Gegenliebe, wurde aber akzeptiert. So gesehen mag unsere Aktion wirtschaftlich ein Verlustgeschäft gewesen sein, gesellschaftspolitisch ist sie jedoch als Erfolg zu werten, konnten doch einige Besucher des Vortrages auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Gansers Masche aufmerksam gemacht werden. Auch wurde die Eingangstür des Stadtcasinos mit zwei Stickern dem Anlass gebührend verziert, ein ästhetischer Gewinn.

Ein letzter Gedanke zur pro-ukrainischen Demonstration vor dem Eingang des Stadtcasinos: Die Banner und Plakate wirkten auf die Besucher einschüchternd und das Spiessrutenlaufen durch die Protestierenden zum Eingang des Stadtcasinos war für die mehrheitlich eidgenössischen Zuschauer Gansers alles andere als angenehm. Dies könnte eine Erklärung für die Gesprächsverweigerung vieler gewesen sein, die sich bloss im Innern des Gebäudes in Sicherheit bringen wollten. Ansonsten verlief alles gesittet und brav ab; die JUSO war nicht sichtbar, was dieser Tatsache bestimmt nicht abträglich war. Die beiden Polizisten in Kampfmontur mussten jedenfalls nie zum Schlagstock greifen.

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Titelbild: Fachgruppe Geschichte

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