Hast du schon einmal von Noel Baba gehört? Oder warst du einmal mit einem Karpfen in der Badewanne baden? Weihnachten werden überall auf der Welt unterschiedlich gefeiert, vielleicht findest du hier deine neue Weihnachtstradition! Von Vanessa Thai, Irem Neseli und Tomas Marik
Japanische Weihnachten
Wenn du Weihnachten auf die japanische Art feiern möchtest, dann solltest du dich nicht etwa auf christliche Dekorationen einstellen, sondern auf fettige Finger und ganz viel Romanze. Wieso? Weil in Japan nämlich nicht die religiöse Seite gefeiert wird, sondern die kommerzielle Seite von Weihnachten: Essen, Feiern, Beleuchtungen usw. Denn der Anteil an Christen in Japan beträgt nur etwa 1%. Deshalb wird Weihnachten dort nicht als Feiertag gezählt. Dennoch verfehlt es nicht ihre magische Wirkung, die sie vom Westen übernommen haben.
Japanische Weihnachten ist wie auch fast überall auf der Welt ein Fest der Liebe, aber dabei wird nicht die familiäre, sondern die romantische Liebe gelebt. Während dem Date geht man beispielsweise auf den Platz mit den dekorativen Weihnachtsbeleuchtungen und geniesst die Luft erfüllt mit Liebe, die man sich wahrscheinlich mit ganz vielen anderen Paaren teilt. Man macht für die andere Person Geschenke, aber das meist nur in romantischen Beziehungen, da sich Erwachsene normalerweise nicht gegenseitig beschenken. Kinder aber erfreuen sich über ihren jährlichen Besuch des Weihnachtsmannes. Erwachsene, die sich nicht in einer Liebesbeziehung befinden, beschenken sich dafür gegenseitig im frühen Dezember am Festtag „Oseibo“.
Nach einem romantischen Tag Hand in Hand freut man sich nicht zuletzt auf das festliche Abendessen. Doch auf dem Esstisch steht nicht etwa der Truthahn, sondern Amerikas weltbekannte Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken. Wieso? KFC hatte 1970 eine Werbekampagne gestartet hat, die sich «Kentucky for Christmas» nannte. Es wurde ein «Christmas meal» eingeführt, das so erfolgreich beworben wurde, dass es sich bis heute noch durchsetzt. Damit man versteht wie populär KFC ist: Man konnte sich bereits im November ein ganzes Brathähnchen reservieren.
Wenn du also Weihnachten nach „japanischer Art“ feiern möchtest, dann wundere dich nicht, wenn du mit deinem Lebensgefährten oder deiner Lebensgefährtin Weihnachtsbeleuchtungen betrachtest und zu Abend KFC speist.

Türkische Weihnachten
Wer Noel Baba gut kennt, weiss, dass er nicht im Nordpol, sondern in der Südtürkei zu Hause ist. Die Türkei ist von jeher ein Vielvölkerstaat, auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung aus Muslimen/Innen besteht, wohnen auch eine bestimmte Anzahl Christen im Lande. So leben etwa 320 Tausend Christen in der Türkei. In den Kirchen von Istanbul, Izmir bis nach Anatolien, in Hatay, Mardin und Diyarbakir wird dem entsprechend das Weihnachtsfest zelebriert.
Die Weihnachtsstimmung herrscht jedoch nicht nur in diesen Gotteshäusern, sondern überall in den Städten und nicht per Zufall auch in kleinen Läden, wie in den grossen Shoppingmalls, die mit farbigen Lichtschmücken, glorreichen Tannenbäumen sowie mit dem rot-weiss bekleidetem Weihnachtsmann verziert sind. Obwohl die aktuelle Regierung nicht sonderlich von der Weihnachtsdekoration begeistert ist, kann die von der Epidemie geplagte türkische Wirtschaft nicht auf das Weihnachtsgeschäft verzichten. Gleichzeitig gilt die Schmückung auch als eine Vorbereitung auf den Silvesterabend, auf Türkisch Yılbaşı, das national von der ganzen Bevölkerung am 31. Dezember gross gefeiert wird.
Zurück zum Mythos von Noel Baba. Die meisten lernten ihn schon als Kind kennen, der einem, wenn man Glück hatte und das ganze Jahr schön brav und gütig war, seine Wunschliste erfüllte. Dies tat er, indem er entweder mit seinen Rehtieren und Schlitten auf das Dach gelandet, durch den Schornstein runter geklettert war, um die Geschenke unter den Tannenbaum zu legen. Oder mit seinem Esel und treuem Begleiter Schmutzli an der Haustür vorbeikam und den nichts ahnenden Kindern eine riesige Freude bereitete. Bis diese Kinder eines Tages älter wurden und erfuhren, dass dieser Weihnachtsmann eigentlich ein mit Kostüm bekleideter Arbeitskollege vom Papa war. Was für eine schneeweisse Lüge. Zu den bereits «aufgeklärten» Kindern kommt er nicht mehr am Haus vorbei.
Die anderen Kinder begegnen ihm nur noch per Zufall in einem Einkaufsladen. Dennoch bleibt der Weihnachtsmann weiterhin treu, auch wenn er keine persönlichen Besuche mehr erstattet, lächelt er von zahlreichen Werbespots im Fernsehen, von Plakaten bis zu online Anzeigen jedem fröhlich zu. Er wurde berühmt, beliebt und das weltweit. Er wurde das Gesicht, das zahlreichen Firmen und Marken Unmengen an Profite einbrachte und das Jahr für Jahr. Ein Mythos aus der Kindheit, dass sich in der Tat auf den Heiligen Sankt Nikolaus von Myra, aus dem heutigen Antalya stammend bezog, bleibt nebensächlich. Was am Schluss zählt, ist der Erfolg des Konzepts für die Wirtschaft, die Kosten für die Eltern und das Wichtigste, die Freude der Kinder.

Tschechische Weihnachten
Ein gut gezielter Kopfschlag mit dem Küchenhammer lässt jede Familie in Tschechien erahnen, dass bald das Weihnachtsfestmahl beginnen kann. Doch hier haben sich nicht etwa die Geschwister über Geschenke gestritten, sondern der Weihnachtskarpfen wurde für das „Fest der Liebe“ ins Jenseits befördert.
Doch beginnen wir von vorne. Tschechien ist das atheistischste Land Europas. Doch kaum jemand möchte hier auf die Weihnachtstraditionen verzichten. Wie überall in Europa gehört der Weihnachtsbaum, Adventskranz, Weihnachtsguetzli und die bunte Dekoration zur Grundausstattung jeder Familie, die Weihnachten halbwegs ernst nehmen. Traditionell kauft man sich auf dem Weihnachtsmarkt nicht nur den Weihnachtsbaum, sondern auch einen Karpfen. Die Karpfen werden entweder am Markt selbst getötet oder sie werden der Frische wegen, lebendig in einem Wasserbehälter bis zum Heiligen Abend aufbewahrt.
Da nicht jede Familie einen grossen Wassertrog bei sich zuhause hat, schwimmt dann oft der Karpfen in der eigenen Badewanne. Für die wenigen Tage haben deshalb viele Kinder ein neues Haustier. Wenn man baden möchte, kommt entweder der Karpfen in einen Kübel oder bei Bequemlichkeit duscht man ohne Seife zusammen mit dem Karpfen in der Badewanne.
Am Morgen des 24. Dezember versprechen die Eltern ihren Kindern, dass sie ein goldenes Schwein sehen werden, wenn sie den ganzen Tag nichts essen. Am Heiligen Abend wird dann der Karpfen zu Schnitzel verarbeitet, der wird dann mit einem Kartoffelsalat bestehend aus Kartoffeln, Gemüse, Mayonnaise und Wurst zum Abendessen serviert. Die Traditionsbewussten legen unter jeden Teller eine Karpfenschuppe, damit sie nächstes Jahr immer Glück haben. Die ganze Familie isst schnell, denn die Erwachsenen freuen sich auf die Geschenke und die Kinder sind hungrig, weil sie aufs Essen für das goldene Schwein gewartet haben.
Wenn endlich ein leises Glöckchen aus der Nähe des Weihnachtsbaumes ertönt, weiss jeder, dass Ježíšek (Christkind) die Geschenke vorbeigebracht hat. Nachdem alle Geschenke ausgepackt und alle Weihnachtslieder fertig gesungen sind, versammelt sich die Familie vor dem Fernseher und schauen wie jedes Jahr den tschechisch-deutschen Weihnachtsklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.
Bilder: Pixabey