Wildlife Photographer of the Year 2022 – Naturhistorisches Museum Basel

Die aus einem Fotowettbewerb hervorgegangene Ausstellung «Wildlife Photographer of the Year» zeigt seltene Schnappschüsse aus der ganzen Welt. Wer sich für Fotografie interessiert und im Speziellen eine Faszination für Naturfotografie hegt, dem wird die Ausstellung zusagen. Dieses Jahr gewinnt ein Bild (siehe Titelbild) mit dem Namen «Das grosse Summen» von Karine Aigner, das Kaktusbienen bei der Paarung zeigt. Von Merrin Chalethu

Nach zwei Jahren Pause aufgrund der Covid-Pandemie findet die Ausstellung wieder statt. Die gestochen scharfen Bilder, die die Natur in selten zu erblickenden Momenten zeigen, üben auf jung und alt eine Faszination aus. Der Wettbewerb, in dessen Rahmen die Bilder ausgestellt werden, findet inzwischen zum 58. Mal statt und kürt jährlich die Naturfotografie des Jahres – veranstaltet vom Natural History Museum in London. Diese Veranstaltung gehört zu den weltweit grössten und berühmtesten ihrer Art und möchte die Kunst der Fotografie fördern und gleichzeitig auch auf den Umweltschutz aufmerksam machen.

Die ausgewählten Bilder wandern nach der Preisverleihung auf der ganzen Welt umher und werden unter anderem in Museen in Grossbritannien, den USA, Kanada und Deutschland ausgestellt. In der Schweiz sind sie exklusiv im Naturhistorischen Museum in Basel bis zum 16.04.2023 zu sehen. Dieses ist zum wiederholten Mal Gastgeber der Ausstellung. Zusätzlich zu der Ausstellung gibt es auch mehrere Führungen und anfangs Januar wurde ein Fotoworkshop angeboten. Die Führungen werden vom Museumspersonal durchgeführt und setzen, je nach Leitung, unterschiedliche Schwerpunkte. Die Bilder und ihre Entstehungsgeschichten sind aber auch im Buch «Wildlife Fotografien des Jahres» vom Verlag Knesbeck nachzulesen.

Wildlife Photographer of the Year

Jährlich sind alle Menschen weltweit dazu aufgerufen, ihre Bilder aus der freien Wildbahn einzureichen, die die Natur und unsere Beziehung zu ihr aufzeigen sollen. Die eingereichten Bilder werden geprüft und in 16 Kategorien unterteilt, aus denen jeweils einzelne Gewinner*innen und die Hauptgewinner*in hervorgehen. Die Preisverleihung findet im Natural History Museum in London statt und danach werden die Bilder über das Jahr verteilt weltweit ausgestellt. Bis zum Einsendeschluss am 19. Februar veranstaltet das Naturhistorische Museum Basel selbst einen Fotowettbewerb, bei dem alle angehalten sind, ein eigenes Naturfoto einzusenden.

Das diesjährige Gewinnerbild «Das grosse Summen» zeigt Kaktusbienen, die auf dem heissen Sand in Texas zusammengekugelt liegen, während noch weitere Bienen anschwärmen. Was auf den ersten Blick vielleicht nicht weiter ungewöhnlich erscheint, wird mit etwas Hintergrundwissen interessanter. Denn es handelt sich bei diesem Schnappschuss um das eingefangene Paarungsverhalten der Kaktusbienen. Die männlichen Bienen schwärmen im Mai aus, um ein Weibchen zu finden. Sobald eine weibliche Biene ersichtlich wird, stürzen sich alle auf sie und ballen sich um sie herum. Das grösste Männchen ist dabei meist erfolgreich, während die anderen im Gedränge des Paarungstummels auch mal Verletzungen davontragen. Dieser von Karine Aigner festgehaltene Vorgang dauert nur wenige Minuten. Die Profifotografin und ehemalige der Bildredaktion-Leiterin des National Geographic Kids konnte mit diesem Bild die Jury überzeugen und den Titel «Naturfotograf des Jahres 2022» für sich gewinnen.

  • "DEM STURM TROTZEN" - Levi Fitze - Wildlife Photographer of the Year
  • "FASZINATION DER BARTEN" - Kanyou Wuttichaitanakorn - Wildlife Photographer of the Year
  • "SPINNENTREFFEN" - Romas Willi - Wildlife Photographer of the Year
  • "DAS GROSSE SUMMEN" -Karin Aiger - Wildlife Photographer of the Year
  • "STERNSCHNUPPE" - Tuny Wu - Wildlife Photographer of the Year
  • Wildlife Photographer of the Year

Umwelt, Artenschutz und Klimawandel in Bildern erzählt

Viele der Bilder deuten, mehr oder weniger direkt, auch auf die prekären Umstände der Umwelt hin. Bei den Bildern, die die Ausstellung zeigt, geht es nicht nur darum, sie zu betrachten, sondern sie auch zu sehen und zu verstehen. Neben dem fotografischen Talent und der Ästhetik der Natur versteckt sich meist eine Geschichte dahinter, die zum Nachdenken anregt und die Wahrnehmung für unseren Planeten schärft.

Das Bild «Einmal im Leben» zeigt die hoch aufragenden Blütentriebe des Tibetischen Rhabarbers, auf die der Fotograf mehrere Jahre warten musste, um sie so festzuhalten. Denn diese Pflanze ist im Himalaya heimisch und wächst in den Höhen, wo nur wenige Nährstoffe und viel UV-Licht vorhanden ist. Trotz der Kälte und der knappen Ressourcen wird sie bis zu 1,5 Metern hoch. Sie blüht aber nur ein Mal in ihrem Leben, bevor sie dann abstirbt. Bei der Blüte hüllen blasse, sich überlappende Deckblätter spiralförmig den Stängel ein und erzeugen im Inneren der Pflanze ein wärmeres Mikroklima. Im Inneren treibt die Pflanze Blüten, sodass ihre Hauptbestäuber, die Trauermücken, angelockt werden.

«Die verschwindende Giraffe» zeigt eine Giraffe, die zwischen Betonpfeilern im kenianischen Nairobi-Nationalpark die Flucht ergreift, weil es den herannahenden Zug verspürt. Man sieht auf dem Bild nur noch die Hinterbeine und den aufgestellten Schwanz des Tieres. Es zeigt die Komposition und die Art des Zusammenlebens zwischen wildlebenden Tieren und unserer Zivilisation, die die Natur und grosse Teile der Landflächen für sich beansprucht. Hier wird ersichtlich, welch starken Einfluss die Technologie, in diesem Fall die Erbauung einer Hochgeschwindigkeitsstrecke, auf den Lebensraum von anderen Arten hat.

Ähnliches wird auch im Bild «Ein Haus voller Bären» ersichtlich, auf dem Eisbären in der lang verlassenen Siedlung auf der russischen Insel Koljutschin geisterhaft umherwandern, auf die der Fotograf nur zufällig stiess. Die männlichen Eisbären untersuchen in der heruntergekommenen Siedlung die Fenster, Türen und was sonst noch so herumliegt mit Neugier. Für gewöhnlich wandern Eisbären um diese Zeit weiter in den Norden, um dem schwindenden Meereis zu folgen. Nur im seltenen Fall, dass sich Treibeis in Küstennähe befindet, wagen die vom Klimawandel bedrohten Tiere sich auf die Felsinsel vor. Die Szene wagt einen Blick in eine postapokalyptische Zukunft, wo die Natur die Überreste der gewesenen menschlichen Zivilisation zurückerobert.

Mit dem Bild «Unterwasser-Wunderland» zeigt eine Fotografin ein Bild, das unrealistisch, aber fantasievoll erscheint. Auf dem Bild scheinen Fische entspannt durch einen blauen Himmel mit rosa Wolken zu schwimmen. Die rötlichen Bauchflossen der Flussbarsche unterstreichen den Effekt. Der surreale Anblick täuscht jedoch und das Bild macht auf einen Aspekt des Umweltschutzes und des Klimawandels aufmerksam. Denn die rosa „Wolken“ sind Algenblüten, die auf Verschmutzung hindeuten. Die Algen gedeihen durch die Nährstoffe, die durch den Dünger der Landwirtschaft in das Wasser gelangen. Dabei verbrauchen sie den Sauerstoff und lassen durch die Flächendeckung kein Sonnenlicht mehr durch. Sterben die Algen ab, bilden sie eine Schicht auf dem Grund. So nehmen sie anderen Wasserlebewesen die Ressourcen weg. Das Ungleichgewicht und das Übermass der Algen ist unter anderem auch dem wärmeren Wasser und damit wahrscheinlich dem Klimawandel geschuldet.

Wie die eben beschriebenen Bilder aufzeigen, erzählt jedes Bild eine Geschichte, die einen eigenen Blick auf die Natur wirft und zum Nachdenken anregt. Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich auf jeden Fall, wenn man sich für Fotografie, die Ästhetik der Natur oder die Mensch-Umwelt-Beziehung begeistert und sich auf eine Reise in fremde Welten einlassen möchte.

Weitere Informationen zum Wettbewerb können unter www.wildlifephotographeroftheyear.com eingesehen werden.

Bilder: Wildlife Photographer of the Year

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