Unsichtbare Care-Arbeit in Bezug auf Silvia Federici

Was ist Care-Arbeit? Care-Arbeit umfasst Sorgetätigkeiten in Familien und Partnerschaften, Erziehung, Pflege, Hausarbeit, Versorgungsarbeit, Beziehungsarbeit und Betreuung von Kindern und hilfsbedürftigen Personen. Hierbei ist zu erwähnen, dass sie traditionell verbunden mit Geschlechterhierarchie sind. Gibt es eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern? Wie ist die Rollenverteilung bezüglich Hausarbeit bei dir zuhause? Von Katharina Schauer

Care-Arbeit ist unverzichtbar für die (kapitalistische) Gesellschaft, daher sollte sie unbedingt mehr Wertschätzung sowie (höhere) Entlohnung verdienen. Silvia Federici fordert beispielsweise Lohn für Hausarbeit, welche nach ihr als politische Forderung gesehen werden muss. Denn wenn der politische Aspekt nicht anerkannt wird, wird der ganze feministische Kampf vom Ziel losgelöst. Nach Federici ist diese Forderung die einzige revolutionäre feministische Perspektive, um die aufgezwungene Rolle der Frau im Kapitalismus zu entmystifizieren. Anders als Lohnarbeit wird Hausarbeit mit Weiblichkeit gleichgestellt und wurde den Frauen seit jeher auferlegt (Federici 2012). Die Verantwortung für Care-Arbeit gehört dringend in den öffentlichen Bereich staatlicher Politik. Ein gut ausgebauter Sozialstaat muss Pflegearbeit fördern, meint Federici.

Würden zudem nicht auch mehr Menschen Pflegeberufe ausüben, wenn sie besser bezahlt werden? Es müssen ein positiv besetztes Recht als auch Menschenrecht auf Pflegemöglichkeit und faire Entlohnung der Arbeit umgesetzt werden.

Auch wenn Care-Arbeit keine materiell messbare Ware im Kapitalismus ist, verdienen Frauen als auch ihre geleistete Arbeit einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft und dies darf nicht unsichtbar gemacht werden bzw. bleiben. Care Arbeit darf zudem nicht einseitig den Frauen aufgebürdet werden. Geschlechterhierarchie muss unbedingt überwunden werden.

Frauen üben nicht nur häufig unbezahlte Pflegearbeit aus, sondern erfüllen im kapitalistischen System die Rolle der weiblichen Reproduktionsarbeit, indem sie durch die Haushaltsführung und Erziehung der Kinder der Aufrechterhaltung des menschlichen Lebens und der Regeneration und Pflege der häufig männlichen Arbeitskraft dienen, zudem üben Frauen auch außerhalb des Haushalts überdurchschnittlich häufig soziale ehrenamtliche Tätigkeiten aus. Damit wird eine zusätzliche Belastung der ehrenamtlich Engagierten geschaffen. Ein Staat in einem reichen Land wie der Schweiz sollte darum bemüht sein, dass die Aufteilung des Kapitals gerechter erfolgt und beispielsweise Hunger und Obdachlosigkeit verringert werden können, stattdessen wird die Tätigkeit von ehrenamtlich Engagierten benötigt und als selbstverständlich angesehen. Häufig wird demnach die kostenlos ausgeübte Reproduktionsarbeit nicht durch Strukturverbesserungen des Wohlfahrtsstaates ersetzt, sondern die Verantwortung wird den ehrenamtlich Tätigen überlassen und diese Personen werden vorgetäuscht oft als besonders engagiert und großherzig dargestellt.  

Unbezahlter Care-Arbeit wird gesellschaftlich kaum Anerkennung gezeigt, sie wird als minderwertig und unproduktiv angesehen. Auch in den Bereichen, wo Reproduktionsarbeit entlohnt wird, beispielsweise in den Care-Berufen, ist die Lage problematisch, da diese vorwiegend von Frauen ausgeübt werden, schlecht bezahlt sind und geringer wertgeschätzt werden. Die Pflege ist dann zwar nicht mehr unbezahlt, aber immer noch unterbezahlt.

Aus einer revolutionären Perspektive gesehen würden Frauen durch eine entsprechende Entlohnung dieser Arbeit gegen ihre zugeschriebene Rolle in der kapitalistischen Arbeitsteilung antreten und somit die bestehenden geschlechterbezogenen, kapitalistischen Machtverhältnisse in Frage stellen und bekämpfen. Silvia Federici hat dafür eine pointierte Aussage getätigt:

„To demand wages for housework is to make it visible that our minds, our bodies and emotions have all been distorted for a specific function, in a specific function, and then have been thrown back at us as a model to which we should all conform if we want to be accepted as women in this society.”

Federici 2012 (S. 19)

Aus der Perspektive des Lohns ist der Einsatz für Entlohnung gleichzusetzen mit einer Art von Kampf, der für die gesamte Arbeiter*innenklasse steht, als ein Teil der feministischen Forderungen. Der Lohn ist nicht ausschließlich als Synonym für Geld zu sehen, sondern spiegelt die Machtverhältnisse des kapitalistischen Systems. Durch Lohn entsteht allerdings ein Mechanismus der Verschleierung, wodurch die reelle Ausbeutung der Arbeiter*innen nicht mehr offensichtlich wird, worin auch die Ursprünge von Sexismus und Rassismus im Kapitalismus zu verorten sind (Federici 2012).

Heute ist die Erwerbsarbeit von Frauen grossteils zur Norm geworden, womit allerdings entweder eine doppelte Arbeitsbelastung für Frauen verbunden ist oder finanziell besser gestellte Familien beschäftigen ärmere und häufig rassifizierte Frauen oder Migrant*innen prekär für die Hausarbeit, wodurch weibliche, ausgebeutete Arbeit bestehen bleibt.

Der Kampf gegen die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen kann nur durch eine Verknüpfung feministischer und antikapitalistischer Maßnahmen gelingen!

Literatur und Bild

“Wages Against Housework“ und “Counterplanning from the Kitchen“ In Federici, Silvia (2012): Revolution at Point Zero, Housework, Reproduction, and Feminist Struggle. PM. Oakland.

Bild: Flickr

Die Artikelreihe Care-Arbeit entstand in der Zusammenarbeit mit dem Tutorat: Der Wert der Care-Arbeit. Eine marxistische Perspektive an der Univerisität Basel unter der Leitung von Lisa Kwasny und Romy Schäfer.

Artikelserie Care-Arbeit:
Care-Arbeit im Kontext der Klimakrise
“The oil that makes their wheels go round” – images of care work 

Kommentar verfassen