Die Öffnungszeiten der Unibibliothek sind eine Zumutung. Es wird Zeit, das Modell grundsätzlich zu überdenken. Von Oliver Sterchi
Wer schon ein bisschen länger Geschichte studiert, der weiss: Die Universitätsbibliothek ist der Dreh- und Angelpunkt des universitären Lebens. Während Erstis mit überfüllten Stundenplänen von einem Proseminar zum nächsten rennen, sitzen fortgeschrittene BA- und MA-Studierende vornehmlich in der Bib. Dort werden Arbeiten geschrieben, Bücher gelesen, Gedanken ent- und verworfen, Vorträge vorbereitet — kurzum: In der Bibliothek findet die Denk- und Schreibarbeit statt, die für das Studium an einer humanwissenschaftlichen Fakultät zentral ist.
Wie ist es nun um die Bibliotheken in Basel bestellt? Grundsätzlich: hervorragend! Die UB gehört mit über sieben Millionen Medien zu den grössten Bibliotheken der Schweiz und kann sich auch mit der internationalen Konkurrenz messen. Egal welches Buch, welchen Aufsatz, welche Erstausgabe man sucht: Die Wahrscheinlichkeit, das gewünschte Exemplar in der UB zu finden, ist gross. Für Basler Studierende mag das eine Selbstverständlichkeit sein. Dabei ist das ein Luxus, den unsere Kommilitoninnen an anderen Universitäten nicht geniessen.
Einige meiner Studienfreunde aus dem Bachelor gingen für ihr Masterstudium ins Ausland, an renommierte Universitäten in Deutschland und Grossbritannien. Ihr Fazit: Lehrveranstaltungen gut, Bibliotheken scheisse. Die Bestände waren teilweise bedeutend kleiner als in Basel. Einer Kollegin habe ich deshalb regelmässig Scans von Büchern aus der UB nach Schottland geschickt, die sie dort nicht beziehen konnte. Und ein Kommilitone ist für seine Masterarbeit extra nach Basel zurückgekommen — der Bibliothek wegen.
Doch so grandios die Bestände in Basel auch sind, etwas ist wirklich mühsam: Die Öffnungszeiten. Das betrifft zunächst mal die UB selber: Unter der Woche sind die Lesesäle zwar bis 22:30 Uhr geöffnet. Am Samstag allerdings nur bis 19 Uhr. Und am Sonntag ist die Bibliothek abgesehen von der Prüfungszeit gleich ganz geschlossen.
Das ist eine Zumutung für all diejenigen, die ihr Studium flexibel gestalten wollen oder müssen — etwa, weil sie nebenbei arbeiten. Längere Öffnungszeiten, gerade auch am Sonntag, würden es den Studierenden erlauben, ihre Wochenplanung bedarfsgerechter und damit entspannter zu gestalten.
Denn, wer kennt es nicht: Man rennt am Samstag noch in die UB, um dieses oder jenes Buch auszuleihen, damit man am Sonntag nicht auf dem Trockenen sitzt. Oder man hämmert kurz vor Betriebsschluss am Samstagabend wie ein Wahnsinniger noch ein paar Zeilen der Masterarbeit in die Tasten, weil man ja am Sonntag keinen Zugriff auf die Bücher hat, die sich im kleinen Lesesaal im persönlichen Regalfach stapeln.
Bei den Institutsbibliotheken sieht die Sache noch trister aus: Die Histi-Bibliothek hat abends nur bis 18 Uhr geöffnet, in den Semesterferien sogar nur bis 17 Uhr. Wochenende? Fehlanzeige. Fairerweise muss hier gesagt werden, dass Masterstudierende einen Schlüssel respektive neu einen Badge beantragen können, um auch am Wochenende im Histi an ihrer Masterarbeit schreiben zu können.
Dennoch: Die Bibliotheksöffnungszeiten in Basel sollten, ja müssen erweitert werden! Diese Forderung drängt sich insbesondere mit Blick auf unsere Nachbarn auf. Damit meine ich weniger die Universitäten in Bern und Zürich, dort sieht die Lage ähnlich aus (die ZB Zürich hat immerhin am Sonntag geöffnet, allerdings nur bis 17 Uhr).
Nein, ich meine die Universitäten in Deutschland, genauer: in Baden-Württemberg, unserem unmittelbaren Nachbarn. Nehmen wir beispielsweise Freiburg, unsere Eucor-Partnerhochschule: Die dortige UB hat von 7 bis 24 Uhr geöffnet, und zwar jeden Tag. Noch einen Schritt weiter geht Heidelberg: In der Bibliothek der Ruperto Carola kann man jeden Tag bis ein Uhr morgens arbeiten. Ganz nach dem Motto der Universität: Semper apertus, stets offen. Und Konstanz ist sogar 24 Stunden zugänglich!
Damit man mich nicht falsch versteht: Ich sehe natürlich ein, dass eine Ausdehnung der Öffnungszeiten nicht umsonst zu haben ist. Um ein Zitat aus der Ökonomie abzuwerfen: «There ain’t no such thing as a free lunch». Alles hat seinen Preis. Die UB müsste unter anderem mehr Personal anstellen und Wochenendzulagen bezahlen. In Zeiten wie diesen, in denen der Spardruck auf die Universität hoch ist, dürfte das eine aussichtslose Forderung sein.
Allein, das ist kein Grund, das Thema nicht auf die Agenda zu setzen. Verschiedene Uni-Institute experimentieren schon heute mit Badges, die einen 24-Stunden-Zugang zum Gebäude erlauben. Wieso also nicht auch die UB? Dafür bräuchte es abgesehen von einem Sicherheitsdienst in der Nacht kein zusätzliches Personal. Die Öffnungszeiten der Ausleihe und der Cafeteria können bleiben, wie sie sind. Aber zumindest der Lesesaal sollte an einem Samstag auch nach 19 Uhr noch geöffnet sein. Und am Sonntag.
Bild: Die Basler Universitätsbibliothek. © Privat.