Auch schon mal ein Dick Pic bekommen? Wenn du jetzt nicht weisst, was damit gemeint ist, hör am besten jetzt auf zu lesen, mach es dir gemütlich und lass deine Seele in friedlichem Nichtwissen verweilen. Von Amber Eve

Für alle anderen, die ihre Welt als zu heil empfinden oder jetzt einfach viel zu neugierig sind: Ein Dick Pic ist ein Bild vom männlichen Geschlecht, üblicherweise vom stolzen Penisbesitzer aus mehr oder weniger vorteilhaften Blickwinkeln aufgenommen. Grundsätzlich erstmal kein Problem – wie viele Selfies du von dir und deinen Lieblingskörperteilen aufnimmst, ist mir eigentlich egal. Im Gegenteil: schön, wenn du dich so pudelnudelwohl in deinem Körper fühlst, dass du die besten Stellen daran bildlich festhalten willst! Problematisch wird es aber dann, wenn so Bilder ungefragt in anderer Leute Postfächern landen.

Wie bitte?, denkt sich der unschuldige Leser spätestens jetzt. Wer macht denn sowas? Ein Blick in meine Nachrichtenanfragen auf Instagram verrät uns: mehr Menschen als man denkt. Natürlich sind es meistens User mit unerkennbarem Nutzernamen und privatem Profil. Hin und wieder ist aber auch mal ein junger Mann dabei, der sich auf seinem Profil stolz auf Bildern neben schnellen Autos, seinen Kollegen – und seiner Freundin präsentiert. #couplegoals

Was ist der Reiz daran? Wie sieht die Selbstwahrnehmung von jemandem aus, der seine Jogginghose herunter zieht, ein schlecht beleuchtetes Bild seines Pillermanns knipst und mir eben dieses in meine DMs ballert? Was genau malst du dir da aus, und was erwartest du, lieber Dick Pic Absender?

Vielleicht stellst du dir vor, wie ich gerade lasziv und gelangweilt in – was sonst? – Lingerie auf meinem Bett herum rolle. Einsam und voller Sehnsucht nach etwas, das einzig und allein von einer phallischen Essenz erfüllt werden kann. Da macht es Ping!, und mein Handy leuchtet auf. Nanu, was mag das sein? Ich öffne deine Nachricht und bin geblendet von der Pracht deines Stücks, entzückt und natürlich sofort, wie könnte es auch anders sein, von Lust überwältigt. Sofort schreibe ich dir in Form einer begeisterten Ansammlung von Emojis zurück, begleitet von einer Aufnahme meines eigenen Lusttempels.

Wie heisst eigentlich das weibliche Pendant zum Dick Pic? Gibt es dafür einen Namen? Clit Pic? Vulva View? Pelvie? Alles noch nie gehört. Wahrscheinlich gibt es deshalb kein richtiges Wort dafür, weil Frauen so Bilder in der Regel eben nicht versenden. Zumindest nicht ungefragt. Oder ohne finanzielle Gegenleistung. #followmeononlyfans

Meine Nachforschungen zur Sendemotivation eben solcher Bilder führen in den Nebel. Warum lässt man sich dazu hinreissen, ein Penisportrait im Posteingang einer Un- oder sogar Bekannten zu hinterlassen? Wirklich befriedigende Antworten bleiben auf meine Frage aus. Am ehrlichsten kommt mir noch vor: „War spitz.“ Oder „Mir war langweilig.“ Ist es so einfach?

Ich habe noch eine eigene Theorie. Ich halte das vom Empfänger unerwünschte Versenden eines Dick Pics für eine Form des Exhibitionismus. Dieser mag beim Absender mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt sein, ist aber in jedem Fall klar als ungewollte Belästigung der Betroffenen zu verstehen. Interessant finde ich aber, dass hinter der Zurschaustellung des eigenen Geschlechts gar nicht so sehr die Absicht steht, beim Gegenüber Lust auszulösen. Vielmehr scheint es darum zu gehen, egal welche Reaktion auslösen zu können – das kann einem ein Gefühl von Macht verleihen und in vielen Fällen auch erregen. Ob die Reaktion dann Schock, Lust oder Wut ist, ist dabei erstmal gar nicht so wichtig. Früher musste man sich noch im Trenchcoat im Park herumtreiben – die magische Welt des Internets hat aber auch diesen Prozess vereinfacht und die Hemmschwelle heruntergesetzt. Seinen exhibitionistischen Trieben kann man heutzutage folgen, ohne das Haus zu verlassen, und ohne sein Gesicht zeigen zu müssen.

Soweit so ungut. Nur, wie geht man nun mit so einem Dick Pic im Posteingang um? Zwar sind viele Messenger-Funktionen mittlerweile so weit, dass sie Bilder von unbekannten Absendern nicht zulassen oder unscharf darstellen. Aber ganz heraus filtern geht eben leider nicht. Mit Humor zu reagieren scheint auf den ersten Blick keine schlechte Idee – von seinen Adressaten nicht ernst genommen zu werden, kann den Exhibitionisten in seinem Enthusiasmus schnell ausbremsen.

Durch weitere Recherche und mehrere Feldversuche präsentiere ich daher meine Top 3 an möglichen Reaktionen.

🍆 Ein Dick Pic zurückschicken

Vorteile: Der Absender wird mit der Absurdität seines eigenen Handelns konfrontiert. Gleichzeitig fragt er sich vielleicht, ob die kontaktierte Person tatsächlich die richtige Adresse für sein Vorhaben ist. Grosses humoristisches Potential in daraus folgender Interaktion. „Was soll das?“ – „Oh, Entschuldigung, ich dachte wir tauschen Dick Pics aus? Habe ich dich da falsch verstanden?“ Weitere Optionen sind das Vergeben von Ratings (2 Auberginen-Emojis von 5) oder assoziative Bilder von klein geschnittenen Hot Dogs.

Nachteile: Wer ein Dick Pic zurückschickt, muss selbst erst einmal im Besitz eines eben solchen Bildes sein. Das setzt entweder voraus, dass man das zuletzt erhaltene Bild auf seinem mobilen Endgerät speichert (aber will man das?), eine merkwürdig lautende Google Bildersuche starten oder andere Penisbesitzer um Mithilfe bitten muss. Keines davon eine besonders reizvolle Vorstellung.

🍆🍆 Auf dem Profil des Absenders das Bild mit der Freundin liken, mit Aufdeckung und Anzeige drohen

Vorteile: Aus dem stolzen Fotografen wird schnell ein kleinlauter Junge, der um Vergebung fleht. Nicht selten wird anschliessend das gesendete Bild gelöscht und mein eigener Account blockiert. Aus prächtig wird schmächtig, möglich ist auch die Forderung einer finanziellen Entschädigung aufgrund der erfolgten Belästigung.

Nachteile: Eine solch unangenehme Konfrontation kostet Energie und Zeit. Selten ist Einsicht das Ergebnis, viel häufiger läuft das Ganze auf ein gegenseitiges Blockieren hin, und das führt uns zu…

🍆🍆🍆 Ignorieren & Blockieren

Zudem den Absender auf der jeweiligen Platform für das Versenden unangebrachter Inhalte melden.

Vorteile: Seelenfrieden und mehr Freizeit. Unterm Strich ist das ungefragte Versenden pornografischer Bilder strafrechtlich verfolgbar und sollte daher entsprechend ernst genommen werden. Auch wenn Apps wie Instagram oder Facebook solche Meldungen nicht immer überprüfen, setzt es doch ein Zeichen, in so einem Moment konsequent zu handeln. Der Versender soll eben nicht die Art von Aufmerksamkeit oder Reaktion bekommen, die er sich erhoft. Blockiert ist schnell.

Nachteile: Keine. Höchstens, dass man bei dieser Variante am wenigsten zu Lachen hat – der andere aber auch nicht.

Also, liebe Leser. Behaltet eure Geschlechtsteile für euch – oder teilt sie nur dann mit jemandem, wenn ausdrücklich der Wunsch danach geäussert wurde, und ihr euch sicher seid, dass eure Bilder – und Lieblingskörperteile beim Gegenüber in guten Händen sind.

Titelbild: Tim Reckmann / https://ccnull.de/foto/aubergine/1005341 / CC-BY 2.0

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