Eine Kurzgeschichte von Julia Northfleet

Alleine, ich fühle mich so alleine. Die Strassen zeigen keine Lebensform, alles ist ruhig. Das Einzige, was ich hören kann, sind meine eigenen Schritte, das Klacken meiner Sandaletten auf dem Asphalt. Kalt, es ist so kalt. Ach, hätte ich mich nur wärmer angezogen, dann müsste ich jetzt nicht so frieren. Der Herbst ist gerade dabei, sich in den Winter zu verwandeln.

Spät, es ist wirklich sehr spät. Glücklicherweise leuchten die Strassenlaternen, sonst hätte mich die Dunkelheit schon längst verschlungen. Irgendwie hat diese Situation etwas Schönes an sich. Ich ganz alleine mit meinen Gedanken und die Strassen gehören nur mir. Trotz allem, was passiert ist, zeige ich keine Anzeichen von Müdigkeit, ganz im Gegenteil, ich bin hellwach. Ich atme tief ein und aus und schliesse meine Augen, im Vertrauen, dass ich mich nirgends anstossen werde.

Im Genuss dieses Abends versunken fällt mir plötzlich etwas auf. Ein fortbestehender, hoher Ton, nicht laut genug, um unerträglich zu sein, aber auch nicht leise genug, um unbemerkt zu bleiben. War dieser Ton schon immer da und habe ich ihn erst jetzt bemerkt? Ich kann die Geburtsstätte dieses Tons nicht ausfindig machen, es scheint, als käme er von überall. 

Ich bleibe stehen, dieser Ton ist mir unbekannt, noch nie habe ich so etwas erlebt. Ich schaue um mich, versuche einen Sinn aus diesem Ton zu ziehen, suche nach Gegenständen, Maschinen, Autos, die diesen Ton verursachen könnten. Die Suche ist vergeblich, die Strassen sind leer und ich bin alleine. 

Der hohe Ton wird lauter, ich zittere, nicht vor Kälte, sondern von dem rasanten Anstieg an Lautstärke. Laut, das hat mich schon immer nervös gemacht, deshalb gehe ich nicht an Konzerte. Ich entscheide mich dazu, weiter zu gehen, und zwar schnell, schneller, noch schneller. 

Ich renne, ich habe Angst. Meine Füsse tun schrecklich weh und ich könnte jeden Moment umfallen und mir den Knöchel brechen. Aber ich wage es nicht, stehen zu bleiben, um mir meine Schuhe auszuziehen. Der Ton scheint mich nicht verlassen zu wollen. Als wäre meine Situation nicht schon schlimm genug scheint es, als würde sich der Ton nun zu einem Körper materialisieren. Er ist hinter mir.

Ich blicke nicht zurück, in meinem Kopf tanzen die schrecklichsten Vorstellungen von Unwesen. Der Ton, anfangs so unscheinbar, ist nun zu meinem schlimmsten Alptraum mutiert. Doch das hier ist kein Traum, das ist die Wirklichkeit in ihrer klarsten Form. In mir tobt Panik. Ich möchte schreien, ich möchte weinen, doch der Drang zu Rennen überwiegt. 

Er holt mich ein, der Ton ist nur Millimeter von meinem Hinterkopf entfernt. Ich kann es spüren, mir wird schlecht. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er in eine Mikrowelle gesteckt und anschliessend an einen Röhrenfernseher gepresst werden. Mit meiner letzten Kraft springe ich nach vorne, die Hoffnung, die in mir lebte, ist nun Tod. Ich wage einen letzten Blick, bevor es mich verschlingt. 

Mir ist so schlecht, der Schmerz ist unerträglich. Oh nein, so schwer, so unglaublich schwer. Das ist nichts aus unserer Welt. Was macht es nur mit mir? Ich lös m….

Fortsetzung: Er ist da

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