Die Reise einer Jeans nach Basel – Nachhaltiges Basel

Weisst Du, woher Deine Jeans kommt? Welche Prozesse hat sie durchlaufen, bis Du sie bei dir in den Kleiderschrank hängst und wer hatte sie bereits in den Händen? Welche Prozesse hast Du mit dem Kauf einer herkömmlichen Jeans unterstützt? Was kannst Du bewegen? Von Laura Bisang

Ein Kleidungsstück, das bei uns im Schrank hängt, hat oft schon eine lange Reise hinter sich. Die textile Wertschöpfungskette, von der Idee bis zum Verkauf im Laden, ist sehr komplex und oft nicht nachvollziehbar. Für die Konsument*in ist es schwer bis unmöglich herauszufinden, wie nachhaltig das gekaufte Kleidungsstück wirklich ist.

Die Modeindustrie verursacht allein 5% der globalen Emissionen. Durch die Verwendung von Polyester und anderen synthetischen Chemiefasern gelangt immer mehr Mikroplastik in die Umwelt (energiezukunft). Doch auch Baumwolle ist alles andere als nachhaltig, da die Pflanze einen hohen Wasserverbrauch hat und beim Anbau von Baumwolle häufig Pestizide eingesetzt werden. Menschen, die in Anbau- und Verarbeitungsländern der Textilbranche leben, leiden nicht nur unter der Zerstörung ihrer direkten Umwelt. Zwar schaffen Modezulieferer dort zahlreiche Arbeitsplätze, jedoch arbeiten die Menschen unter gefährlichen Bedingungen für einen minimalen Lohn.  Um die Komplexität dieser Wertschöpfungskette aufzuzeigen, begleiten wir den Weg einer Jeans von der Idee bis zum fertigen Produkt, bis hin zur Entsorgung. 

Die Reise einer Jeans nach Basel

Deine Jeans, die du an der Freie Strasse gekauft hast, sei es bei H&M, Zara, New Yorker oder einem anderen beliebten Fast Fashion Unternehmen, hat wahrscheinlich schon mehr Länder bereist als Du.

Das Leben einer Jeans beginnt mit der Fasererzeugung. Zuerst muss der Rohstoff entweder angebaut oder geerntet werden, falls eine natürliche oder zellulosische Chemiefasern verwendet wird wie Baumwolle, Bambus und Leinen. Handelt es sich um eine synthetisch hergestellte Faser wie Polyester, Elasthan und Polyacryl, wird Erdöl, Erdgas und Kohle verwendet. Der Stoff Deiner Jeans besteht aus 97% Baumwolle und 3% Elasthan. Gerne lade ich Dich nun auf die fiktive Reise Deiner Jeans nach Basel ein. 

Wir befinden uns auf einem gigantisch grossen Acker in Karnataka Indien. Bodhi, ein indischer Feldarbeiter bereitet gerade das Feld auf den Baumwollanbau vor. Die Pflanze braucht viel Wasser, um zu gedeihen, und wird oft als Monokultur angebaut. Je nach Zertifizierung werden umweltschädliche Pestizide verwendet, so auch auf Bodhis Acker. Laut Atlas Big wird Baumwolle meisten s aus Indien oder China importiert.

Bohdis Arbeit ist nun getan. Zur Textilerzeugung werden Baumwolle und Elasthan zu einem Garn gesponnen. Das passiert in einem anderen Unternehmen. Deine Jeans reist also weiter nach Tamil Nanu zu Amal in eine Garnspinnerei. Die Baumwollfasern werden von ihm gewaschen, gekämmt, verwebt und gestrickt bis ein Stoff entsteht. 

Von Indien reist der Stoff weiter nach Hanoi, Vietnam. Dort wird er veredelt. Das ist arbeitsintensiv und birgt eine Reihe von Gefahren für Umwelt und Textilarbeiter*innen. Der Stoff wird gefärbt oder gebleicht. Dabei sind Arbeiter*innen oftmals hohen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Khanh, der an Deiner Jeans mitarbeitet, hat weder eine Maske noch Handschuhe und ist den Dämpfen täglich ausgesetzt. Noch geht es ihm gut, aber viele seiner ehemaligen Mitarbeiter*innen leiden an unheilbarer Silikose.

Auf der andern Seite des Globus wird die Jeans entwickelt. Für diesen Schritt ist das Design zuständig. Der Designbereich umfasst nicht nur das Design Deiner Hose selbst, sondern auch die Hintergrundarbeit. Deine Hose muss zum Zeitgeist, der Kund*innenzielgruppe passen und zum Stil des Labels. Nach der Recherche das Design: Soll die Jeans ein weites Bein haben oder eine schmale Röhre? Wie viele Taschen soll sie haben? Unisex oder genderspezifische? Und, und, und.

Steht das Design, geht die erstellte technische Zeichnung zu der Schnittentwicklung, die bei grossen Labels meist in-house stattfindet. Wir befinden uns nun also in einem grossen Bürokomplex in Stockholm, Barcelona, London oder Berlin. Bei grossen Firmen werden die Schnittmuster digital erstellt und gleich auch in einem 3D Programm visualisiert. Bei Fast Fashion Labels wird dann ein Prototyp aus dem Originalstoff hergestellt. 

Dieses Originalmuster wird bereits von der Firma genäht, die dann auch die gesamte Produktion übernimmt. Sie befindet sich in der Türkei. Hülya, eine der Näher*innen spezialisiert auf Jeans, macht den Prototyp. Der Grossteil an Kleidungsstücken, die wir kaufen, wird immer noch von Näher*innen hergestellt. Auch in Hülyas Betrieb arbeiten die Arbeiter*innen unter menschenunwürdigen Bedingungen. Faire Strukturen und Löhne sollten unterstützt werden. Es gibt bereits einige Siegel, auf die geachtet werden kann wie zum Beispiel die GOTS-Zertifizierung.

Deine Jeans ist nun als Material von Indien nach Vietnam gereist und dann in die Türkei geschifft worden, wo sie zum ersten Mal zu einer Hose wird. Danach wird sie nach Deutschland geschickt, wo der Hauptsitz des Labels ist. Dort wird sie kontrolliert und falls alles in Ordnung ist, wird sie dann von der Qualitätskontrolle abgesegnet und kann als Verarbeitungsmuster wieder in die Produktion. Von der Türkei wird die Ware nach der Produktion wieder in ein Hauptzentrum geschickt, wo sie dann an die Filialen an der Freien Strasse geliefert wird, und die Jeans schliesslich ihren Weg in Deinen Kleidungsschrank findet. 

Und die Reise geht weiter…

Die Jeans von schlechter Qualität ist schnell ausgewaschen, wird dünn und kriegt Löcher. Du entsorgst Sie und Sie landet in der Kehrrichtverbrennungsanlage neben dem Voltaplatz. Ist die Jeans von guter Qualität hält sie länger, aber auch Sie hat einmal ausgedient. Sieht Sie immer noch in Ordnung aus, landet Sie in der Altkleidersammlung. Die Reise geht weiter.

In der Schweiz sammeln wir pro Person und Jahr gemäss Bundesamt für Umwelt rund 6 kg Textilien in Altkleidersammlungen. Neben den Kleidungsstücken fallen in diese Kategorie natürlich noch weitere Textilien wie Teppiche, Vorhänge, Bettwäsche oder ähnliches. Zwei Drittel dieser Textilien könnten laut Bundesamt für Umwelt wieder verwendet werden. 

Die Realität sieht leider anders aus. Nur etwa 20% der gesammelten Kleidungsstücke werden wiederverwendet. Der Rest wird an Textilhändler verkauft. Diese Händler verkaufen die Ware nach Osteuropa, Russland, Afrika und in den Nahen Osten. Aber auch dort werden nicht viele Kleidungsstücke wiederverwendet. Gerade Mischgewebe aus unterschiedlichen Fasern machen das Recyceln schwer bis unmöglich und das Angebot der Secondhandkleidung ist in diesen Ländern mehr als gesättigt. 

Momentan werden 87% der für die Kleiderherstellung verwendeten Materialien nach ihrer ersten! Verwendung deponiert oder verbrannt. (Schätzung basierend auf der Circular Fibres Initiativ Analysis, siehe Global Tex Associates oder Augsburger Allgemeine)

Menschenrechtsverletzungen, Umweltschäden, CO2-Ausstoss, also einige der grossen Probleme, die durch den Kauf einer herkömmlichen Jeans unterstützt werden. Doch es gibt viele einfache Schritte, mit denen Du aufhörst, diese Prozesse weiterhin zu unterstützen und zu fördern und stattdessen etwas Gutes für das Klima, die Umwelt und die Menschen, für die Hülyas, Khanhs, Bodhis und Amals tun kannst.

Was tun?

Hier sind fünf Ansätze, wie Du dein Konsumverhalten ändern kannst:

  1. Weniger Kleidung kaufen. Ist auch wirklich so einfach, wie es klingt. Häufig wird auch von einer Capsule Wardrobe gesprochen. Eine Garderobe aus rund 40 Teilen, die alle gut kombinierbar sind und zum eigenen Stil passen. Weniger ist nicht gleich Verzicht. Es geht darum, den eigenen Besitz wertschätzen zu lernen, ihn sorgfältig auszuwählen und dann auch zu pflegen.
  2. Reparieren und Upcyceln. Kaputten Stellen wieder reparieren (einige Marken bieten einen Reparaturservice an) oder upcyceln (z.B. Taschen aus alten Jeans nähen). Kleider sind keine Wegwerfartikel.
  3. Secondhand bevorzugen. Die nicht mehr getragenen Teile zu einer Secondhand Boutique bringen und sich dort etwas Neues kaufen, ist eine der Optionen. Durch den immer grösser werdenden Nachhaltigkeitstrend, gibt es immer mehr tolle Secondhand Geschäfte oder Plattformen. Eine weitere Möglichkeit ist es auch, Kleidung zu tauschen, anstatt zu kaufen. Das kann im eigenen Freundeskreis sein oder an einem Event. Walk-in Closet organisiert zum Beispiel in über 23 Standorten Schweizweite mehrere Kleidertauschbörsen monatlich. Auch kann online getauscht werden. Aber auch Flohmärkte wie zum Beispiel in der Markthalle Basel, bieten eine grosse Vielfalt schönen Dingen aus zweiter Hand.
  4. Nachhaltige Siegel / Labels beachten. Hier gibt es unendlich viele. Hier sollte man sich vorab gut informieren- Nur weil es Bio Baumwolle ist, ist es nicht gleich nachhaltig. Greenpeace hat einen guten Artikel, wo die besten Siegel aufgelistet werden, wie zum Beispiel Made in Green oder GOTS.
  5. Support your Locals. Lokale und nachhaltige Modelabels unterstützen, die bestenfalls auch recycelbare Materialien verwenden. Hier gibt es auch viele interessante und innovative Labels zu entdecken. Der Spalenberg in Basel ist hierfür eine gute Adresse.

Der Artikel ist Teil der Reihe Nachhaltiges Basel. Weitere Beiträge folgen! Bisher erschienen:

Titelbild: Pixabay

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