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Ein Gedicht von Tomas Marik

Die heisse Sonne ist im kalten See versunken,

Phaeton mit seinem Wagen ist schon wieder ertrunken.

Am Horizont, aus der Tiefe, erleuchtet ein helles Rot,

Friedliche Dämmerung. Langsam schaukelt in der Ferne ein Boot.

Zwei Vagabunden erfreuen sich am Spektakel,

Haben sich auf ihrer Reise getroffen. Kennen nicht ihr Orakel.

Das Gefühl vom Fremdsein verbindet Himmel und See.

Die feinen Gemeinsamkeiten, jeder hat seine Odyssee.

Es ist still. Ein schwacher Windzug spielt mit ihren Haaren.

Am Ufer – Schulter an Schulter. Sie möchten den Augenblick bewahren.

Sie sammeln den Moment, Korn für Korn, doch der Strand ist riesengross.

Kampf gegen die bodenlose Sanduhr. Ein Zeitsturm auf einem kleinen Floss.

So wird es langsam dunkel, das Feuermeer erlischt gerade.

Wasser und Himmel vereint zu einer einzigen Ballade.

Sterne und Mond, leuchten, tanzen im Äther.

Die Nacht schützt alle unschuldigen Täter.

Nox zerstreut die Sternbilder, zerbrochen ist der Wagen,

Perseus vermisst Andromeda und Orion hört auf zu jagen.

Schöne Luna, warum bist du so bleich im Gesicht?

Das Schicksal liegt in den Sternen: „Atlas halte das Gewicht!“

Hoch zu den Sternen führt eine endlose Leiter,

Steige hoch in den See, sei ein furchtloser Begleiter.

Die Reisenden betreten das Wasser, sehen nicht den Boden,

Schon schwimmen sie, die Welt hat sie nicht betrogen.

Untröstlich, verloren glänzen die Sterne.

Der Himmel nur ein Spiegelbild, ein Trug der Ferne.

Das wahre Sein der Sterne ist im Wasser, liegt zwischen den Schwimmern.

Greifbar nah und doch meilenweit, wie beim Versuch sich zu erinnern.

Da reichen sich die vertrauten Fremden die Hand,

Liegen auf dem Rücken, aus Sternen spinnen sie ein Band.

Mit einem seidenen Faden ordnen sie die Sterne neu.

Aus dem grossen und kleinen Wagen wird endlich ein Konvoi.

Hand in Hand räumen sie das Chaos auf.

Verändern für immer die Zeit in ihrem Verlauf.

Denn in den Sternenbildern steht die Zukunft geschrieben.

Die werden sie mit ihren Händen besiegeln.

Zwei Vagabunden halten die Zukunft in ihren Händen fest.

Liegen am Rücken, liegen im Wasser wie auf einem Podest.

Gebunden sind die Gestirne, jeder hält sie mit einer Hand fest.

Die anderen Hände, verknotet zu einem Bund, halten sich gegenseitig, ganz fest.

Titelbild: Blutmondfinsternis vom 21. Januar 2019 – Tomas Marik

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