Von Carla Sophie Gräfingholt
Manchmal sitzt der Schmerz so tief,
dass jeder Gedanke, den ich gedacht,
alles, was mich beschäftigt hat,
mir nun bedeutungslos erscheint
und immer tiefer auf einen Grund sinkt,
an dem ich keine Bedeutung mehr finden kann.
Manchmal trifft mich die Härte der Realität so scharf,
dass sich der schöne Teil des Lebens verflüchtigt
und an den Rändern verläuft, bis er gänzlich verschwunden ist.
So wie Strassenkreide, vom Regen getroffen.
Manchmal erscheint mir mein Leben
wie eine Kassette mit zwei Seiten:
Die A-Seite stelle ich meinen Freunden vor,
zu ihr tanze ich durchs Wohnzimmer,
sie lasse ich im Auto mit offenem Fenster laufen,
während mir der Wind ins Gesicht pustet.
Die B-Seite würde ich am liebsten verstauben lassen,
früher oder später aber wird sie eingelegt
für mich allein und für die Menschen,
die in diesem Moment trotzdem an meine Tür klopfen.
Es schmerzt mich, dass die A-Seite die B-Seite
zu einem bösen Traum verblassen lässt,
der nicht wahr ist, den man nur nicht zu beachten braucht,
so wie die Sonne, die sich vor die Wolken schiebt.
Schmerz ist nicht mehr echt, fast schon irrational,
wenn das Herz sich mit Glück füllt.
Genauso schmerzt es mich, dass die B-Seite die A-Seite
wie ein falsches Spiel erscheinen lässt,
welches nicht echt ist, unbedeutend,
denn der Schmerz lässt das Glück nichtig erscheinen,
es zählt nicht, dass es mal anders herum war.
Im Schmerz versteht man das Glück nicht mehr.
Es scheint so, als sei mein Leben genau diese Kassette:
Die beiden Seiten können nicht zusammen,
nicht gleichzeitig laufen.
Eine verdrängt die andere
und lässt sie immer zurück.
Titelbild: lilzidesign